32. Station am 16. Mai 2022:
Der Christliche Garten und der Jüdische Garten in den „Gärten der Welt“
Blumberger Damm 44, 12685 Berlin
om Chinesischen Garten aus kommend sahen wir zuerst diese Stele mit griechischen Buchstaben und auf der Rückseite den Hinweis auf den Förderer: die Allianz-Umweltstiftung, die sowohl den Orientalischen wie auch nun den Jüdischen Garten mitfinanzierte.
Hier der Blick auf einen der beiden Eingänge. 2007 wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, den Marianne Mommsen und Gero Heck, die Gründer des Landschaftsarchitekturbüros „relaisla“ gewannen. Nach zweijähriger Bauzeit wurde der Garten 2011 eingeweiht.
Der Kreuzgang ist umwölbt mit längeren und kürzeren Texten aus der Bibel, von Kirchenvätern, aus Liedern, von Dichtern und Denkern, die einen Bezug zur Natur und zum Garten haben. Ausgesucht wurden sie von Jürgen Israel und Dr. Thomas Brose, heute Professor für Philosophie.
Wir nahmen uns Zeit, damit jeder für sich ein Wort finden könne, das ihn anspricht. Das war nicht so einfach. Wir stellten fest, dass wir am besten ganz oben am Zeilenanfang anfangen, wie hier bei der ersten Schöpfungserzählung im 1. Buch Mose, Kapitel 1
oder am Textende, wo der Hinweis auf die Quelle steht, wie hier, allerdings mit dem lateinischen Namen biblischer Bücher.
Wir lasen, Felder und Weinberge nur 6 Jahre lang zu bestellen, im 7. Jahr aber ruhen zu lassen, so die Anordnung Gottes aus dem 3. Buch Mose 25,1ff /Leviticus 25:
Kirchenväter wie Origenes, Reformatoren wie Luther, Dichter wie Goethe bis hin zu Texten aus der Gegenwart - alles ist zu finden – Weisheit aus mehr als 3000 Jahren im Blick auf uns Menschen und unseren Umgang mit der Natur und uns selbst, Dankbares, Lobendes, Orientierung Schenkendes.
Schwieriger zu lesen sind die Texte im Dach des Kreuzwegs. Dafür entsteht ein eigener Reiz durch den Blick zum Himmel.
Das Mittelteil ist abgesperrt. Die dort meist blühenden weißen Blumen sind gerade verblüht. Doch das Wasser benetzt fließend die etwas versetzt als Kreuz erkennbaren Steine: Wasser – ein Zeichen für Leben, Reinheit und ermöglichtes Wachstum.
Das Christentum gibt es nur auf der Grundlage des Jüdischen Glaubens, denn Jesus wie auch seine ersten Anhänger waren gläubige Juden. So interessierte uns natürlich auch der vor etwa einem halben Jahr eingeweihte Jüdische Garten.
Er liegt nicht weit entfernt und wiederholt nicht, was wir im Christlichen Garten schon lasen, sondern ist so ganz anders. Auch er ist das Ergebnis eines Wettbewerbs, den Manfred Pernice und Wilfried Kuehn vom Landschaftsarchitekturbüro „atelier le balto“ gewannen, sowie der Beratung von jüdischen Fachleuten und von zweijähriger Bauzeit.
Obstbäume und kleine Beete, dicht nebeneinander liegend sollen Nutzgärten darstellen, wie sie Menschen, denen nur wenig Raum zur Verfügung steht, anlegten. Die hier zu sehenden Pflanzen wurden nach ihrem Vorkommen in “ Novellen, Gedichten, Kurzgeschichten, Essays und Briefen jüdischer und dem Judentum nahestehender Autor*innen “ ausgewählt.
Zum Sitzen laden neben Bänken zwei sich ähnelnde Pavillons ein. Sie sollen wohl das Hebräische Wort für „Leben“ Chai darstellen, das aus zwei Buchstaben besteht.
Weinreben durften nicht fehlen:
Auch Kartoffeln wachsen hier neben Beeren-Sträuchern und Kräutern.
Auch ein Feigenbam wächst hier.
Im Aufsatz von Dr. Yail Kupferberg zum Naturverständnis des Judentums wird u.a. vom Neujahrsfest der Bäume „Tu Bischwat“ im Januar berichtet, ein seit 1948 in Israel wiederbelebtes Fest angesichts der Aufforstungsanstrengungen. Auch erfährt man, dass zu jedem jüdischen Fest bestimmte Früchte gehören, so zu diesem Fest: Weizen und Gerste, Wein, Feigen, Granatäpfel, Oliven, Dattelhonig, wie sie im 5. Mose 8,8 genannt werden.