5. Station am 24.8.2020:
Missionsgemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK)1
in der Schwarzburger Straße 8, 12687 Berlin.
Ziemlich versteckt am Rand des großen Sportplatz teilt sich die Missionsgemeinde der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) mit anderen Mietern ein noch aus DDR-Zeiten stammendes Kita-Gebäude in der Schwarzburger Straße 8 (-10).
Schon vor dem Eingang wurden wir von Pastor Schröter herzlich in Empfang genommen und eingeladen, miteinander ein Osterlied zu singen, denn wir sind ja auf dem Emmaus-Pilgerweg durch Marzahn.
20 Jahre nun schon gibt es in diesem Jahr die „Missionsgemeinde“ in Marzahn. Alle Berliner Gemeinden dieser Kirche waren gebeten worden, Gemeindeglieder zu bitten, hierher nach Marzahn zu kommen, um zuerst einmal einen „frommen Stamm“ für die Neugründung zu haben. So kommen einige noch immer von weiter her zu den Gottesdiensten sonntags.
An der Eingangstür auf einem kleinen Schild und auf der Webseite steht: „Alle Sünder willkommen!“ Ob dies mal jemanden abgeschreckt hat, diese Kirche zu betreten? Nur in den ersten Jahren gab es wohl mal kritische Stimmen.
Inzwischen wird die Gemeinde nicht mehr von den für Mission vorgesehenen Geldern der Gesamtkirche finanziert, sondern teilt sich mit der Martinsgemeinde Angermünde sowie deren weiteren Predigtorten Fredersdorf (bei Prenzlau, postalisch Zichow, Fredersdorfer Dorfstr.) und Biesenthal ihren Pastor, der auf halbem Wege zwischen diesen allen in Bernau wohnt.
Seit 15 Jahren betreibt die Gemeinde mit vielen Helfern eine Ausgabestelle von „Laib und Seele“. Heute, am Montag um 17 Uhr ist der Kirchraum schon dafür hergerichtet, dass am Dienstag die gespendeten Lebensmittel hier sortiert und dann am Mittwoch und Freitag ausgegeben werden können. Es ist eine der größten Ausgabestellen in Berlin und eine der beiden, die auch in der gesamten Corona-Zeit geöffnet hatte, natürlich mit einem entsprechenden Schutzkonzept und den nötigen Abstandsregeln.
So sitzen nun auch wir rund um die noch leeren Kisten vor dem Altar und hören auf die Emmausgeschichte und beten miteinander für uns und andere. Pastor Schröter erzählt von der Konfirmation im September und dass dafür der Katechismus, die Gebote und zum Beispiel
Psalm 23 gelernt werden. Auch das Glaubensbekenntnis und das Vaterunser wird in der für uns „alten“ Form gesprochen. So wird sehr bewusst die Formulierung „niedergefahren zur Hölle“ beibehalten und auch von einer „Auferstehung des Fleisches“ gesprochen. Die Feier des Heiligen Abendmahls ist wichtiger Bestandteil (fast) jeden Gottesdienstes. Da Jesus gesagt hat: „Das ist mein Leib“ wird dies auch so verstanden, dass Jesus , auch wenn wir es nicht verstehen, real in Brot und Wein anwesend ist.
Draußen auf dem großen Gelände hinter dem Haus ist Platz für Kinder zum Spielen. Von einem Bauwagen aus werden sie betreut, während die Eltern in der Ausgabestelle sind. Pastor Schröter ist für Gespräche jeden Mittwoch bei „Laib und Seele“ da.
Im Eingangsbereich orientieren zwei große Wandbilder nach den beliebten Zeichnungen von Paula Jordan auf das, worauf es hier ankommt: Die Kinder – Jesus selbst als Kind in der Krippe – und als derjenige, der sich nicht von ihnen gestört fühlt, sondern die Kinder uns Erwachsenen als Vorbild vor die Augen stellt und sagt: „Ihnen gehört das Himmelreich.“
Zum Schluss noch die Frage nach der Geschichte dieser Kirche. Zum 300. Reformationsjubiläum 1817 verkündete König Friedrich Wilhelm III. die Union von lutherischen und reformierten Gemeinden für Preußen. Vor allem in Schlesien und Pommern weigerten sich Gemeinden und wollten lutherisch bleiben. Das wurde erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts möglich. Als 1945 die Flüchtlinge gerade aus diesen Gebieten über ganz Deutschland verteilt wurden, entstanden auch überall altlutherische Kirchen, die sich seit 1972 zur SELK vereinigt haben und Luthers Erbe konsequenter überliefern, als manche der lutherischen Landeskirchen.
Möge dieser kleinen Gemeinde und ihrem Helferkreis von „Laib und Seele“ die Kraft und die Freude weiterhin geschenkt werden, diese so wichtige Arbeit hier vor Ort „zu stemmen“!