97. Station am 11. November 2024 um 11 Uhr
Besuch der
Gemeinschaftsunterkunft der Stephanus-Stiftung gGmbH
12681 Berlin
Wenn man vom Helene-Weigel-Platz durch den Springpfuhl-Park kommend links in den Murtzaner Ring einbiegt, fällt einem dieses sechsgeschossige Haus mit den bunten Scheiben auf.
Ein paar Schritte weiter sieht man den zweiten weiter hinten liegenden Teil dieses Ensembles. Erst 2020 wurde es fertiggestellt und zogen hier die ersten Flüchtlinge ein - mitten in der Corona-Epidemie!
Vom S-Bahnhof Poelchaustrasse aus, sind es nur wenige Minuten Fußweg. Wer von dort kommt, trifft zuerst auf diesen Schaukasten der Stephanus-Stiftung und ihres Arbeitsbereichs "Migration und Integration". Vielen Berlinern ist sie durch ihr Zentrum in Weißensee bekannt. Doch inzwischen gehören dazu über 100 Standorte in Berlin und Brandenburg und 3800 Mitarbeitende.
Hinter dem Zaun fällt diese Bienenwiese in die Augen. Auf dem Schild mit Bienen steht: "Bitte nicht betreten! Hier ist unsere Wiese. Hier wohnen wir. Danke!" Bei der Bewahrung der Schöpfung wird hier also auch an die ganz Kleinen gedacht!
Dahinter und daneben liegt ein großer Spielplatz mit viel Platz, um sich zu bewegen. Der wird auch gebraucht, denn in diesen beiden Häusern sind von den ca. 500 Bewohnern zurzeit mehr als die Hälfte Kinder. Doch jetzt vormittags sind sie entweder in der Kita "Leuchtturm" der AWO hier im Haus oder einer anderen, bzw. in der Schule. So ist es sehr ruhig hier.
Direkt vor den Häusern stehen viele Fahrräder.
Gerne spenden ältere Berliner Fahrräder, die ungenutzt in ihren Kellers stehen, zugunsten von geflüchteten Menschen. Doch ihre Verkehrstüchtigkeit muss ab und zu erst wieder hergestellt werden. So gibt es hier auch eine Fahrradwerkstatt.
Da unser Besuch auf den 11.11. um 11 Uhr fällt, wurden wir mit leckeren Pfannkuchen begrüßt, die extra frisch vom Bäcker für uns geholt wurden!
Diese Küchenzeile wie hier sahen wir auch in anderen Räumen. Denn auch wo die Büros der Heimleitung, der Sozialarbeiter und andere Mehrzweckräume unten im Erdgeschoss sind, ging man beim Bau davon aus, dass diese künftig auch als Wohnungen benutzt werden können, zum Beispiel auch für Studenten. Dementsprechend sind die Räume angelegt.
An den Wänden hängen Informationen für die derzeitigen Bewohner aus. Es sind zur Hälfte etwa afghanische Flüchtling, dann folgen syrische, iranische,ukrainische... Insgesamt kommen die Menschen hier aus 21 Nationen. Sie werden durch das Landesamt für Flüchtlinge (LaF) hierher vermittelt, das auch die Träger, wie hier die Stephanus-Stiftung, aussucht und die Bedingungen festlegt.
Hier im Schaukasten links unten wird an die Zeiten der Mittagsruhe im Haus von 13 - 15 Uhr und an die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr erinnert. Sie gilt auch für den Aufenthalt auf dem Spielplatz. Bei so vielen Kindern im Haus, kann es natürlich leicht mal laut werden, besonders auch draußen, was die Nachbarn stört. Denn zwischen den Hochhäuser fängt sich der Schall.
Viele Hinweise gibt es zu beruflicher Bildung und zu Deutschkursen.
Auch Arbeitsangebote werden hier vermittelt. Denn Ziel ist die möglichst schnelle Selbständigkeit der hier Wohnenden durch eine feste Arbeit, um dann auch eine eigene Wohnung bezahlen zu können.
Die Jahreslosung für 2024 ist hier an der Wand als ein Aufruf zu "Liebesmut" verstanden: "Alles was ihr tut, geschehe in Liebe" aus 1. Korinther 16,14.
Wir spüren im Gespräch mit dem Einrichtungsleiter Herrn Palachowski und der KInderbetreuerin und Sozialarbeiterin Frau Stahlberg: Hier herrscht eine guter Geist. Die fest angestellten Mitarbeitenden sind mit den hier - ja alle nur zeitweise - Wohnenden auf Augenhöhe im Gespräch, können sich in ihre Lage hinein versetzten, auch in die der ringsum hier Wohnenden, die ihre Grünanlage nun vermissen und die erst mal misstrauisch waren.
Doch durch Offenheit und Gesprächs- und Konfliktlösungsbereitschaft akzeptiert man sich jetzt gegenseitig. Seine Nachbarn kann man sich ja auch sonst hier nicht aussuchen. Eine gute Mischung sorgt dagegen für schnellere Integration und Deutschkenntnisse und gegenseitige Hilfe. Jede Woche ziehen hier neue Bewohner ein und andere aus.
Mehrsprachige Aushänge sind hier etliche zu finden - wie hier zu gesundheitlichen Fragen.
Die vielen Briefkästen im Eingangsbereich sind mit den Zimmernummer gekennzeichnet. Das erleichtert die Postzustellung.
Hier im Erdgeschoss ist alles behindertengerecht und - im Blick auf die künftigen Wohnungen - auch die Toilette und Dusche.
Im Waschraum mit zwei solcher Reihen von Waschmaschinen können die Bewohner ihre Wäsche waschen.
Der Verein Lilipad e.V. bietet in diesem Zimmer einer (künftigen )Wohnung Kinderbücher in den verschiedensten Sprachen zum Ausleihen an:
Im Flur davor hängt diese eindrückliche Plakat:
"Mein Mund kann singen, küssen, sprechen, atmen, saugen, schlucken, kauen" und mit der Frage: "Was kann er noch?"
An der Tür daneben wird zum Kinder- und Jugendbereich eingeladen.
Auch dieser hat eine Küchenzeile /soll mal als Küche genutzt werden. Schön ist in allen diesen Räumen der Blick ins Freie und die Möglichkeit die Wiese vor dem Haus im Sommer zu nutzen.
In einem weiteren Raum steht dieser Kaufmannsladen und weiteres Spielzeug für kleine Kinder.
Auch hier sind wieder Bücher und Spiele zu finden.
Alle Räume bis auf die Küche sind sehr schmal geschnitten. Für größere Gruppen ist das schwierig. Gemeinschaftsräume außerhalb der Wohnungen sind nicht vorgesehen worden. "Modulare Unterkunft für Flüchtlinge (MUF)", nennt sich dieser Bau-Typ. Plattenbau wurde er früher genannt: Schnell zu erbauende Wohnungen für viele Menschen. Nach der Zeit in einer Erstaufnahmeeinrichtung mit Vollverpflegung und ohne Möglichkeit selbst zu kochen und weniger Privatsphäre ist dies für die Geflüchteten ein Fortschritt.
Alle Räume wie dieser hier werden für verschiedene Gruppen und Aufgaben genutzt, wie an der Tür zu lesen ist:
Bei so vielen kleinen Kindern im Haus kommt es vor, dass sie auch mal ihre Spuren an den weißen Wänden der Flure hinterlassen, wie hier:
Deshalb wurde das Treppenhaus gerade von ihren Eltern renoviert. Denn hier wird alles möglichst gemeinsam gemacht und aus eigener Kraft und sehr auf Sauberkeit und Ordnung im gesamten Gelände und den Häusern und Wohnungen geachtet.
Eine weitere Wohnung wird als Lagerraum benutzt. Beim Einzug erhalten die hier Wohnenden, was sie dringend benötigen: eine Grundausstattung.
Zum Schluss besichtigten wir die zurzeit einzig freie Wohnung im Komplex. Sie liegt im 2. Geschoss.
Jedem Bewohner stehen laut dem LaF zurzeit ca. 6 m² zur Verfügung. Dazu gehört ein Bett und dieses schmale Spind sowie noch ein schmales Regal. Die Küche und Dusche/Toilette werden mit anderen geteilt. Wenn hier eine Familie wohnt, ist das natürlich kein Problem.
Alle Räume in den Häusern werden mittels Fußbodenheizung geheizt. Darum dürfen hier auch keine Teppiche liegen, was anfangs für Diskussionen sorgte.
Am 15. November von 16.30 - 19.30 Uhr wird zu einem Lichterspaziergang eingeladen und von BENNplus am 15. Dezember zu einem Adventsmarkt am Otto-Rosenberg-Platz zwei S-Bahnstationen weiter. Daneben stellt sich der "Interkulturelle Frauentreff Rosa" in der Marzahner Promenade auf deutsch und arabisch vor.
So werden u.a. auch christliche Feste erklärt, aber nicht der Versuch unternommen, die anderen zu bekehren. Wichtig ist, dass die Menschen auch bei einem kurzen Aufenthalt hier in den beiden Häusern spüren: Hier werde ich akzeptiert und willkommen geheißen. Hier hilft man mir weiter, damit ich selbst bald auf eigenen Füßen stehen und mich in diesem Lande zurecht finden kann. - Dieses Gefühl hatten wir bei unserem Besuch.