44. Station am 22. August 2022:
Das Café auf Rädern der Evangelischen Kirchengemeinde Hellersdorf
am Kastanienboulevard / Mylauerweg 1
Am U-Bahnhof Hellersdorf stiegen wir aus der Straßenbahn aus und gingen dann hinter der Brücke über die U-Bahngleise diese interessante Treppe hinunter, interessant durch geschwungene Bänder mit ihren Sprüchen auf Berlinerisch.
Unten empfängt einen dieser Aufsteller, an dem man mit seiner Zigarettenkippe abstimmen kann, ob Hellersdorf einem gefällt.
Der Weg und Park geradeaus wurde also 2006 angelegt.
Ein Schild am Rande weist auf seinen Namen: Regine-Hildebrandt-Park. Mit ihm wird die engagierte Berliner Christin, SPD-Politikerin und Ministerin geehrt, die 2001 mit nur 60 Jahren verstarb.
Auf der Mylauer Straße, am Rand des Parks gelegen gelangen wir zur Nummer 1, dem Haus Erntekranz der Tiele-Winckler-Haus GmbH im Verbund von Friedenshort, das wir auch noch besuchen wollen, einem Haus für betreutes Wohnen von Menschen mit vorwiegend geistiger Behinderung.
Dahinter, am Ende des Kastanienboulevards war schon der Bauwagen zu sehen. Die ersten Besucher hatten schon Platz genommen.
Uns empfängt Barbara Jungnickel, Gemeindepädagogin in der Evangelischen Kirchengemeinde Hellersdorf. Schon 2013, als es Proteste von Hellersdorfern gegen die Eröffnung eines nahe gelegenen Flüchtlingsheims gab, begann sie damit, Menschen zum Gespräch einzuladen, indem sie mit ihrem Bollerwagen loszog, sich irgendwo hinsetzte und zu einer Tasse Kaffee einlud.
Zu Anfang war es ein ganz einfacher Handwagen, dann machte er schon äußerlich auf das Angebot aufmerksam. Sie machte die Erfahrung, dass sich häufiger Menschen einladen lassen, wenn sie alleine da saß. Die Gesprächsthemen reichen von einem Gespräch über das Wetter u.ä. bis hin zu Lebensbeichten.
rau Jungnickel fragt nicht nach dem Namen, will auch nicht missionieren, aber doch kommt meist im Gespräch zur Sprache, dass sie zur Kirchengemeinde gehört.
Auch für uns stehen Kaffee und Getränke bereit. Als wir nach der Finanzierung fragen, erfahren wir, dass die Gemeinde die Kosten für die Getränke übernimmt, auch kocht Frau Jungnickel den Kaffee dort.
Auf die Frage nach einer Spendenmöglichkeit stellt sie die kleine runde Büchse hier auf dem Foto vorn in der Mitte auf den Tisch – ein schönes Zeichen, dass es hier nicht darum geht, Spenden zu sammeln, sondern wirklich um ein Gespräch mit den Menschen, die vorbeikommen. Reden wir alle nicht viel zu wenig miteinander? So möchte Frau Jungnickel auch niemanden von ihrer eigenen Sicht der Dinge überzeugen. Wenn jemand andere Ansichten hat, zum Beispiel jetzt zum Krieg, dann sagt sie nur „Ich sehe das anders.“ - aber fängt dann nicht an zu argumentieren, sondern lässt das so stehen.
Erst heute Vormittag ist der Bauwagen vom Gelände der Kirchengemeinde hierher gebracht worden, wo er nun 6 Wochen stehen soll. Er wurde mit Fördermitteln des Senats 2019 angeschafft und soll dazu dienen, auch bei schlechterem Wetter zum Kaffee einzuladen. Aber es hat sich gezeigt, dass dann nur sehr wenige den Schritt über die Schwelle wagen.
So ist innen vor allem Platz für die Stühle, den Tisch und die kleine Treppe, die abends wieder abgebaut werden muss. Das verlangt aber auch körperliche Anstrengung, die ältere Ehrenamtliche nicht mehr leisten können. Dies ist einer der Gründe, warum das Konzept nicht aufging, dass sich eine ganze Gruppe von Ehrenamtlichen für dieses Projekt zur Verfügung stellt.
So kann die „Kastiniette“ nur donnerstags von 14 bis 17 Uhr durch Frau Jungnickel offengehalten werden. Denn von Beruf ist sie ja Gemeindepädagogin und u.a. montags für Kinder der Gemeinde da. Nur weil heute erster Schultag nach den Ferien ist, wurden die Kinder noch nicht eingeladen, sondern hat Frau Jungnickel Zeit für uns.
Innen im Bauwagen liegen einige Flyer und der neueste Gemeindebrief auf Wunsch zum Mitnehmen bereit. Darin ist zu lesen, dass Frau Jungnickel zusammen mit dem Superintendenten Furian einen Diakonie-Gottesdienst am 4. September gestaltet, in dessen Anschluss sich diakonische Einrichtungen des Stadtbezirks vorstellen werden, um so ein besseres Kennenlernen zu fördern. Mit dem Tiele-Winckler-Haus gibt es schon lange sehr gute Kontakte. Das erleben wir auch, als ein junger Mann von dort kommt und sich freut, dass der Bauwagen und Frau Jungnickel wieder da sind. Ca 6 Wochen wird er nun dort stehen und danach am anderen Ende des Kastanienboulevards vor dem Gemeindezentrum Glauchauer Straße 7 – auch etwa so lange, bis er wieder hierher zurückkehrt, also immer im Wechsel.
Liebe Frau Jungnickel! Danke für Ihre treue Arbeit nun schon so viele Jahre zugunsten eines friedlichen Zusammenlebens im Stadtbezirk, dem Kennenlernen von Nachbarn, Einheimischen und Neudazugekommenen! Vielleicht finden sich ja künftig doch auch andere, die Sie in dieser ehrenamtlichen Arbeit vor Ort unterstützen und ermöglichen, dass das Angebot auch an weiteren Tagen der Woche genutzt werden kann! Gott, der HERR, schenke das!